Die ersten Gedanken zum Bau einer Kirche kamen schon bei der Gründung unserer Kirchengemeinde im Jahre 1900. Der Gedanke nahm in der Presbyteriumssitzung am 13. April 1902 konkrete Formen an. Es wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, den Ankauf eines Bauplatzes zur Errichtung einer Kirche und eines Pfarrhauses vorzubereiten und Pläne zu erstellen. Über den Standort dieser Gebäude gab es nur zwei Möglichkeiten, entweder auf der Nachrodter oder Obstfelder Seite, in jedem Fall aber in der Nähe der Nachrodter Brücke.
Kirche in Nachrodt
- Kirchstraße 1, 58769 Nachrodt-Wiblingwerde
Im November 1902 bestätigte die Größere Gemeindevertretung – auch Repräsentation genannt – den Presbyteriumsbeschluss. Als Bauplatz wurde ein 2.760 m2 großes Grundstück von Herrn von Löbbecke gekauft. Im März 1903 wurde entschieden, den inzwischen von Reg.-Baumeister Siebold, Bethel, ausgearbeiteten Bauplan für eine Kirche mit rund 500 Plätzen und ein Pfarrhaus auszuführen. Die Pläne und die Bauleitung wurden ausgeführt bzw. lagen in den Händen des Bauamtes in Bethel (Reg.-Baumeister Siebold und Winkler, sowie Bauleiter Saar).
Aus Sparsamkeitsgründen wurde jedoch die Anschaffung eines neuen Altars, eines Taufsteins, einer Beleuchtungsanlage, sowie einer Turmuhr zurückgestellt. Ferner wurde aus Kostengründen der Giebel des Pfarrhauses, statt in massivem Bruchstein, in Fachwerk errichtet. Weiter kam der geplante Verbindungsgang zwischen Pfarrhaus und Kirchturm nicht zur Ausführung. Der Grundstein zum Kirchenbau wurde am 13. März 1904 gelegt; Text: 2. Tim. 2 Vers 19. Die Einweihung erfolgte schon am 6. Dezember 1904 durch den Herrn Generalsuperintendenten Dr. Nebe, Münster, der seinem Wort Psalm 24, Vers 7, zugrunde legte.
Das neu errichtete, festlich geschmückte Gotteshaus war bei der Feier überfüllt. Es war ein Freudentag für die junge Kirchengemeinde, die nun ihrem Herrn ein Haus errichtet hatte, das den Gottesdienstbesuchern eine Stelle der Stille, des Dankes und der Anbetung sein soll und gleichzeitig ein Schmuck des gesamten Ortsbildes ist. An der Einweihungsfeier nahm eine große Anzahl Pfarrer der Nachbargemeinden teil. Eine stark besuchte Gemeindeversammlung und Nachfeier fand anschließend im Gasthof „Zur Rastatt“ statt.
Sorge bereitete über viele Jahre die Heizung. Trotz umfangreicher Reparatur- und Ergänzungsarbeiten in den Jahren 1922 und 1929 befriedigten die Leistungen der Heizung nicht. Dieses Problem konnte erst 1965 durch den Einbau einer neuen Heizung gelöst werden. Im Jahre 1928 wurde die Verfugung des Mauerwerkes gründlich wieder hergestellt.
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Kirche im Jahre 1929 wurde die Kirche im Innern neu gestrichen. Die alten Malereien wurden belassen. Der Altar erhielt eine neue Altardecke. Außerdem wurde der Gemeinde ein Marmorkreuz für den den Altar gestiftet.
Zur Feier des 50-jährigen Bestehens der Kirchengemeinde im November 1950 konnten die restlichen Kriegsschäden aus dem zweiten Weltkrieg an und in der Kirche behoben werden.
Im Jahre 1965 erfolgte eine grundlegende Renovierung und Neugestaltung der Kirche. Die Kirche bekam eine neue Verglasung und neue Chorfenster. Der gesamte Innenanstrich wurde erneuert und das Gestühl überarbeitet. Ferner wurde die Kirche mit einem neuen Altar, einer neuen Kanzel und einem neuen Taufstein ausgestattet. Auch wurde eine neue Heizung eingebaut. Die Einweihung der renovierten und neu gestalteten Kirche erfolgte am 12. Dezember 1965 durch Herrn Oberkirchenrat Dr. Danielsmeyer, Bielefeld.
Im Winter 1975/76 verursachten Stürme Schäden an der Turmeindeckung, die eine Neueindeckung erforderlich machten. Die Neueindeckung wurde in den Monaten August/September 1976 vorgenommen.
Die letzte größere Reparaturmaßnahme betraf den Kirchturm. In einem aufwendigen Verfahren wurde 1997 das Mauerwerk saniert. Es mussten marode Bruchsteine in großer Zahl ausgetauscht werden. Außerdem wurden die Zifferblätter der Turmuhr und die Holzverkleidung der Schalllöcher ersetzt. An den Kosten von 385.750,00 DM beteiligten sich das Landesdenkmalamt und die Landeskirche, da unsere Kirche unter Denkmalschutz steht.
In der zurückliegenden Zeit haben Menschen unserer Gemeinde das Gotteshaus als Stätte der Stille und Anbetung, des Lobes und Dankens wie auch der Zurüstung dankbar angenommen. Möge auch in der kommenden Zeit unsere Kirche zugleich Ort der Sammlung und Sendung sein. In dem ebenfalls 1904 neben der Kirche errichteten Pfarrhaus befinden sich neben der Wohnung für den Gemeindepfarrer das Gemeindebüro und seit 1992 zwei kleine Gemeinderäume.
Am 21. März 1950 wurde im Chorraum ein Taufstein aufgestellt. Er wurde (als Meisterarbeit) geschaffen von Herrn Fritz Weber aus Kierspe/Westfalen.
Im Altarraum blicken wir auf das dicke Buch: die Altarbibel, in braunes Leder gebunden. Der Einband ist verbunden mit einem handgearbeiteten Schloss aus Silber. Auch die Verzierungen auf den Deckeln sind aus Silber gefertigt. Die Beschläge an den Ecken zeigen Symbole der vier Evangelisten: Links sieht man einen Engel, der ein Spruchband trägt mit der Aufschrift: „S. Matthäus“, oben rechts einen geflügelten Löwen, das Sinnbild für „S. Marcus“, unten rechts einen geflügelten Stier, unter dem zu lesen ist: „S. Lucas“ und unten links ist ein Adler dargestellt, der auf einem Spruchband steht mit der Aufschrift „S. Johannes“. Öffnen wir das Schloss, fällt unser Blick auf eine große handschriftliche Eintragung: „Der evangelischen Kirche in Nachrodt zur Einweihung am 6. Dezember 1904. Hebräer 13,14: Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Auguste Victoria J.R.“ Es ist eine der Bibeln, die die damalige Kaiserin Auguste Victoria nur für den Zweck anfertigen ließ, sie zur Einweihung neuer evangelischer Kirchen zu verschenken. Sie wurden mit einer handschriftlichen Widmung versehen den Gemeinden übersandt. „ Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Diese Worte sind uns auch heute noch eine Mahnung und Trost.
Die Orgel wurde im Jahre 1904 von dem Orgelbaumeister Hermann Ladegast, Weißenfels, gebaut. Sie erhielt im Jahre 1946 ein elektrisch betriebenes Gebläse. Auch die Orgel hatte unter den Kriegseinwirkungen im April 1945 gelitten. Sie wurde nach Beendigung des zweite Weltkrieges repariert und 1952 um fünf Register erweitert.
Ende 1965 beschloss das Presbyterium eine neue Orgel anzuschaffen. Dieser Beschluss konnte aber erst im Jahre 1971 verwirklicht werden. Die neue Orgel wurde von der Berliner Orgelbauwerkstatt GmbH – Prof. Karl Schuke – gebaut. Sie hat 19 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Die neue Orgel wurde am 22.08.1971 in einem musikalischen Festgottesdienst der Gemeinde übergeben.
Die ersten drei Chorfenster (Glasmalereiarbeit), die die Gestalten des Herrn, des Apostel Paulus und des Apostel Petrus darstellten, wurden gestiftet. Sie wurden im April 1945 durch Bombenabwürfe zerstört. Im Jahre 1946 malte Herr Lehrer Friedrich Korte, Wiblingwerde, für den Chorraum drei neue Fenster, die die Geburt, die Kreuzabnahme und die Himmelfahrt des Herrn darstellten. Im Zuge einer grundlegenden Renovierung und Neugestaltung der Kirche Mitte der 60er Jahre wurden diese Chorfenster ersetzt. Die farbigen Fenster mit den folgenden Symboldarstellungen: Links für das Weihnachtsgeschehen, in der Mitte für die Auferstehung Christi und rechts für das Pfingstgeschehen. Es handelt sich um Arbeiten von Karl Hellwig, Haßlinghausen.
Die Beschaffung der Turmuhr erfolgte am 7. Mai 1911 von der Firma Ed. Korthage Söhne, Buer/Westfalen
Das erste Bronzegeläut musste im ersten Weltkrieg zur Verwendung für Kriegszwecke abgegeben werden. Als Ersatz wurden einige Jahre nach dem ersten Weltkrieg drei Gussstahlglocken angeschafft, die am 15. Juni 1924 geweiht und ihrer Bestimmung übergeben wurden. Ostern 1974 wurde das alte Geläut außer Betrieb gesetzt, weil für den Glockenstuhl Einsturzgefahr bestand. Eine Überprüfung ergab, dass eine Reparatur nicht möglich war und dass die Glocken aus Gussstahl starken Rostbefall zeigten. Bei der Firma Rinker, Sinn (Dillkreis), wurde ein neues Bronzegeläut in Auftrag gegeben. Das Presbyterium wählte für die Bronzeglocken folgende Inschriften:
Glocke 1 (885 kg = 1155 mm = f): Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben.
Glocke 2 (455 kg = 925 mm = b): Wachet, denn ihr wisset nicht, welchen Tag euer Herr kommen wird.
Glocke 3 (320 kg = 825 mm = c): Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an dem Gebet.
Glocke 4: (245 kg = 770 mm = des) Alles was Odem hat, lobe den Herrn.
Am 4. Advent 1974 läuteten diese Glocken zum ersten Mal.