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Die Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Wiblingwerde

Die Anfänge der Reformation

Herzog Johann III. von Kleve, Jülich und Berg

Die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen, dass die Anfänge der Reformation in Altena auf das Wirken des Vikars Johannes Wolfstall aus dem Bergischen Land zurückgehen.

Nach einer humanistischen Sitte jener Zeit übersetzte Wolfstall seinen Namen ins Griechische und nannte sich dementsprechend meistens Lycaula. Es ist nicht genau bekannt, wann der Vikar seine Tätigkeit in Altena aufnahm. Historiker nehmen die Zeit zwischen 1535 und 1537 an. Schon bald jedenfalls wurde er bei Herzog Johann III. von Kleve, Jülich und Berg, der als Graf von der Mark auch Altenas Landesherr war, als Wiedertäufer denunziert. In seiner noch erhaltenen Verteidigungsschrift, die er, wie aus ihrem Vorwort hervorgeht, 1538 in Altena verfaßte1), legt Lycaula dar, dass er mit dem Wiedertäufertum nichts zu tun habe und sich nur bemühe, die Lehren Luthers zu verwirklichen. Als Folge jener Beschuldigungen musste Lycaula aber die Stadt Altena verlassen und nach Korbach (Hessen-Waldeck) gehen. Dort fand er Anerkennung und Hilfe bei der Gräfin Anna von Waldeck, einer Schwester des neuen Herzogs Wilhelm von Kleve (1539-1592), und wurde 1544 Pfarrer der Kilianskirche in Korbach. Der herzogliche Hof in Kleve, dem man Sympathien für die Reformation nachsagen kann, reagierte also gemäßigt: Lycaula durfte, wenn auch nicht in Altena, weiterhin predigen.

Dagegen griff der Humanist Matthias Bredenbach, der aus Kierspe stammte und Rektor der Lateinschule in Emmerich war, „aus Sorge um seine Heimat“ 1540 in einem Brief an seinen früheren Schüler, den Altenaer Pfarrer Johann Syberts, Wolfstalls Wirken heftig an. Er warnte Syberts vor dem „Stall von Wölfen“. Einer der Vorwürfe lautete, dass Lycaula in den vergangenen Jahren nicht erkennen ließ, ob er Luther oder den Schweizer Reformatoren Zwingli und Oekolampad folgte, zu Recht oder nicht, ist kaum noch auszumachen. Für uns ist aber auf jeden Fall klar, dass Lycaula als überzeugter Lutheraner in Korbach und später in Soest gewirkt hat.

Über die kirchlichen Verhältnisse in Altena nach dem Weggang Lycaulas sind wir leider nur unzureichend unterrichtet. Jedoch scheint es so, als ob die auf religiösen Ausgleich bedachte Politik des Herzogs die weitere Entwicklung bestimmt habe.

Der Übergang Altenas zur Lutherischen Lehre

Die Luther-Rose in der Lutherkirche

1547 schlug Herzog Wilhelm als Nachfolger für den verstorbenen Pfarrer Syberts den Priester Engelbert Cloick (+1567) aus Lüdenscheid vor, wo dieser die Lateinschule verwaltete. Unter dessen Einfluss vollzog sich wohl endgültig der Übergang Altenas zur lutherischen Lehre. Als Dichter des Kirchenliedes „Ehr, Ruhm und Preis …“ hat er im Dortmunder Gesangbuch von 1630 einen Platz gefunden. Sein Lied wurde, wie die Kirchenordnung von 1626 zeigt, noch nach Jahrzehnten in Altena gerne gesungen.

Der Übergang vom Katholizismus zur Reformation dürfte, wie fast überall in der Grafschaft Mark, allmählich erfolgt sein. Noch 1553 wurden für die Altenaer Kirche ein Chormantel mit kostbaren Seidenstickereien und ein ebenso prächtiges Messgewand in Auftrag gegeben. Beides erwartet man eigentlich eher in einer katholischen Kirche. Ein Jahr später bestand Bedarf für ein Rochett (weißes Chorhemd höherer katholischer Geistlicher). Ferner ist in einer Kirchenordnung von 1547 (!) die Rede von einer „Misseglocke“ (=Meßglocke), und der Tag der heiligen Katharina, der Schutzpatronin der Kirche, wurde noch lange als besonderer Festtag begangen.

Nach dem Tode Cloicks verwaltete der Vikar Dietrich von Horn die Pfarrstelle. Ob er mit dem letzten katholischen Geistlichen identisch ist, der „nach alter Überlieferung am Matthäustag (21.9.) 1584 vom Altar gerissen wurde, ist nicht eindeutig zu klären. Denn es lässt sich nicht feststellen, ob von Horn zu dieser Zeit noch katholisch war oder mehr dem Calvinismus zuneigte, der von der Mehrzahl der Bürger ebenfalls abgelehnt wurde. Auf jeden Fall musste von Horn Altena verlassen und ist als calvinischer Prediger 1595/96 in Elberfeld gestorben.

Streitigkeiten zwischen Lutheranern und Calvinisten

Streit ums Abendmahl. Kelch aus der Lutherkirche

Wie jener mussten seit 1584/85 manche Geistliche, die dem Calvinismus geneigt waren, aus der Stadt weggehen, mit Zustimmung oder auf Betreiben des Magistrats, der das Recht hatte, den ersten Pastor zu ernennen und zur Besetzung der zweiten Predigerstelle der Gemeinde drei Kandidaten vorzuschlagen. Damals war in Westfalen die Organisation des evangelischen Kirchenwesens eine Angelegenheit der weltlichen Gemeinde.

Der Gegensatz zwischen Lutheranern und Calvinisten (Reformierten) führte 1612 – 1624 zu erbitterten Religionsstreitigkeiten, wie im Lagerbuch der lutherischen Gemeinde von 1629 nachzulesen ist. So legte der damalige Bürgermeister Dr. jur. Simeon von Diest, der sich als Sprecher der reformierten Gruppe betrachtete, vor dem streng lutherischen Pfarrer Romberg ein reformiertes Glaubensbekenntnis ab. Daraufhin wurde er nicht mehr zum Abendmahl zugelassen, und die reformiert Gesinnten schlossen sich in den Jahren 1612 bis 1616 der reformierten Gemeinde Neuenrade an. Erst im Jahre 1624 zeigten sich Ansätze zu einer eigenen reformierten Gemeinde in Altena.

Im Jahre 1614 war die Grafschaft Mark an die zu dieser Zeit calvinistischen Hohenzollern in Brandenburg gefallen. Von Diest brachte es nun mit Hilfe der kurfürstlich-brandenburgischen Regierung fertig, dass Pfarrer Romberg dreimal seines Amtes enthoben wurde. Aber jedes Mal gelang es dem Rat, ihn wieder einzusetzen. Im Jahre 1624 fanden letztmalig sechs Wochen lang reformierte Gottesdienste in der alten Katharinenkirche statt. Seit dieser Zeit blieb die Kirche unbestritten lutherisch, so dass sie später, nach gründlichem Umbau, kurz Lutherkirche genannt wurde. Die erste gemeinsame Synode der lutherischen Gemeinden Augsburger Bekenntnisses in der Grafschaft Mark fand 1612 in Unna statt. Zum ersten mal fällt dabei für ihren Zusammenschluss das Wort „Kirche“.

Inhalte der Reformation fanden offene Ohren

Als Luther hervortrat mit seiner Kritik am bestehenden Kirchenwesen und an den Fehlentwicklungen des christlichen Glaubens, machte er sich zum Sprecher dessen, was breite Schichten der Bevölkerung schon lange empfunden hatten: Eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern war dringend nötig. Bauern und Bürger, die Beamtenschaft und der Adel, alle nahmen leidenschaftlich Anteil an den Auseinandersetzungen. Drei Strömungen lagen dem Reformstreben zugrunde:

Die Forderung nach Abschaffung der unhaltbaren äußeren Missstände in der Kirche, die religiöse Rück- und Neubesinnung gerade auch unter den Laien und schließlich noch ein nationales Aufbegehren gegen das als fremd empfundene, zentralistische Papsttum in Rom.

Alle drei Strömungen fanden sich bei Luther wieder, das machte ihn so beliebt. Für ihn stand allerdings die Rückbesinnung auf das Evangelium eindeutig im Mittelpunkt. Bürgerschaft und Magistrat in Altena entschieden sich damals mehrheitlich für die lutherische Reformation. Ermöglicht wurde sie dadurch, dass der Landesherr seinen Untertanen in dieser Frage weitgehend freie Hand ließ. So konnten sich die Kirchen der Grafschaft Mark von unten, d.h. von der Gemeinde her, nicht von der Obrigkeit verordnet, entwickeln.

Grundlage für die heutige Struktur der Kirche

Gemeinsames Christuszeugnis: die vereinigte Evangelische Kirchengemeinde aus Lutheranern und Reformierten.

Sie organisierten sich in der noch jetzt typischen Form presbyterial-synodal.

Bis heute werden die Kreissynode, und indirekt sogar die Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen, aus Vertretern der Presbyterien, und damit der einzelnen Ortsgemeinden, gebildet. Diese Gremien mit ihren Entscheidungsbefugnissen bringen ein starkes „demokratisches“ Element in die Kirchenstruktur ein.

Was in den Jahren nach 1538 auch in Altena mit großen Erwartungen begann, nämlich die Reform der einen, gemeinsamen Kirche, endete mit der bekannten Spaltung. Aus der katholischen Gemeinde des Mittelalters gingen drei konfessionell getrennte Gemeinden hervor, die alle, jede in ihrer Art, als „reformiert“ gelten können. Zur Evangelisch-lutherischen Gemeinde kamen die evangelisch-reformierte (calvinistische) und seit 1784 auch wieder eine katholische Gemeinde in Altena hinzu.

Die beiden aus der Reformation erwachsenen evangelischen Kirchengemeinden gingen seit 1624 in Altena getrennte Wege. Der 1. Januar 2005 markiert eine bedeutsame Veränderung in der heimischen Kirchengeschichte: die Ev.-Luth. Kirchengemeinde und die Reform. Kirchengemeinde fusionierten zu einer unierten Kirchengemeinde, sie trägt den Namen „Evangelische Kirchengemeinde Altena“

Liste unserer ehemaligen Pfarrerinnen und Pfarrer

1. Pfarrstelle

1546 – 1567 – Klocke (Cloick), Engelbert
1567 – 1585 – von Horn, Dietrich
ca. 1586 – 1591 – Pfvw. Babenohl, Richard
1591 – 1606 – Hermeling, Henrich
1607 – 1621 – M. Romberg, Johann
1621 – 1622 – Hermeling, Johann
1622 – 1626 – M. Romberg, Johann
1626 – 1664 – Mesling, Johann
1664 – 1712 – M. Barop, Wilhelm
1712 – 1722 Barop, Johann Wilhelm
1725 – 1772 Pollmann, Johann Moritz
1772 – 1776 Bunge, Diedrich David
1776 – 1814 – Höcker, Andreas
1815 – 1840 – Rauschenbusch, Aug. Ernst
1840 – 1846 – Hammerschmidt, Wilhelm
1846 – 1852 – Evertsbusch, Friedrich
1852 – 1882 – Vorländer, Karl
1883 – 1898 – Thümmel, Hermann
1899 – 1920 – Rüter, Karl
1921 – 1943 – Gewecke, Hans
1943 – 1966 – Kraemer, Walter
1967 – 1971 – Brüning, Adolf
1974 – 1976 – Stein, Dieter
1983 – 1991 – Stille, Wolfram
1992 – 2003 – Roch, Heinz Jürgen
1977 – 2008 – Claßen, Dieter
2008 – 2015 – Kehlbreier, Dr. Dietmar

2. Pfarrstelle

ca. 1535 – 1539 – Lycaula, Johannes
xxxx -1586 – Leppler, Heinrich
xxxx -1586 – Kallmann, Johann
ca. 1586 – 1591- Babenohl, Richard
ca. 1594 – 1597 – Schwieringhaus, Jobst
vor 1599 – 1622 Krane, Hermann
1622 – 1630 – Struve, Johann
xxxx -1650 – M. Scheibler, Johann
1634 – 1650 – Mellmann, Johann
1650 – Vischer, N.
1650 – 1664 – M. Barop, Wilhelm
1665 – 1680 – Brockhaus, Eberhard
1680 – 1712 – Barop, Johann Wilhelm
1713 – 1722 – Rövenstrunck, Johann Bernhard
1723 – 1725 – Pollmann, Johann Moritz
1726 – 1753 – zum Kumpff, Dietrich Joh. Melchior
1753 – 1774 – Glaser, Nikolaus
1774 – 1775 – Buchholtz, Peter Kaspar
1775 – 1820 – Kleinschmidt, Johann
1820 – 1840 – Hammerschmidt, Wilhelm
1841 – 1845 – Rauschenbusch, August
1845 – 1846 – Evertsbusch, Friedrich
1847 – 1852 – Vorländer, Karl
1852 – 1877 – Burckhardt, Eduard
1877 – 1883 – Thümmel, Hermann
1884 – 1886 – Lenssen, Friedrich
1887 – 1897 – Hohagen, Rudolf
1897 – 1899 – Pohlmann, Werner
1899 – 1903 – Neuhaus, Friedrich
1904 – 1921 – Birkenhoff, Karl
1922 – 1929 – Barnstein, Friedrich
1929 – 1956 – Fiebig, Fritz
1957 – 1974 – Wolf, Dr. Günter
1974 – 1982 – Kronbach, Wilhelm
1978 – 2009 – Behrendt, Gerd
2009 – 2019 – Vokkert, Merle
2020 – 2021 – Djiokou, Dr. Sadrack

3. Pfarrstelle

1904 – 1908 – Brand, Otto
1909 – 1947 – Niemeier, Gustav
1949 – 1978 – Koschnick, Kurt
2008 – 2011 – Becker, Gerald

4. Pfarrstelle

1955 – 1976 – Dahlhaus, Karl

5. Pfarrstelle

1958 – 1989 – Heetmann, Wilhelm
1989 – 2006 – Reuther, Wolfgang

6. Pfarrstelle

1959 – 1971 – Kressel, Alhard
1961 – 1986 – Ziemann, Hans-Joachim 
1986 – 1989 – Lengelsen, Thomas
1990 – 1995 – Prüßner, Eberhard, Pfr.z.A.
1996 – 2001 – Röse, Antje, Pfrn.z.A.

Reformierte Pfarrerin und Pfarrer

1866 – 1945 – Weimann, Hans Wilhelm 
1936 – 1954 – Schmedes, Giso
1955 – 1983 – Stoffer, Karl-Otto
1986 – 1989 – Albrecht, Martin
1989 – 2005 – Vogel, Gudrun